Flandern entschlüsselt: Die Geschichte einer Familie über Reisen, Inklusion und Zielstrebigkeit

geschrieben von Lakshmee Lachhman-Persad (Accessible Travel NYC)
Besucher bewundern die Tafeln „Die Anbetung des Lamm Gottes“ im Besucherzentrum der St.-Bavo-Kathedrale in Gent.
Wir von VISITFLANDERS haben uns gefreut, Lakshmee Lachhman-Persad und ihre Familie in Flandern begrüßen zu dürfen. Mit ihrer inspirierenden Mission, den Tourismus für alle barrierefreier und inklusiver zu machen, leistet sie mit ihrer Organisation einen wichtigen Beitrag in New York City: Accessible Travel NYC.

Um unser eigenes Engagement für Barrierefreiheit mit anderen zu teilen, luden wir Lakshmee, ihre Mutter, ihren Ehemann, zwei Kinder, zwei Tanten und ihre Schwester Annie – die im Rollstuhl sitzt – zu einer einwöchigen Entdeckungsreise zu den Schönheiten Flanderns ein. Wie haben sie ihre Zeit hier erlebt? Und welche Erkenntnisse hat Lakshmee über Barrierefreiheit und Inklusion gewonnen? 

"Flandern schenkte meiner Familie und mir unseren allerersten gemeinsamen Urlaub – ein Erlebnis, das früher nur ein Traum war. Von vielgepriesener Kunst und bewahrter Geschichte bis hin zu Natur und kulinarischen Überraschungen war jeder Moment durchdacht barrierefrei und unvergesslich. Es war mehr als eine Reise, es war ein Fest der Verbundenheit, der Zugehörigkeit und der Freude für unsere achtköpfige Familie. Alle, denen wir begegnet sind, waren aufmerksam und achtsam, was unsere Erfahrung wirklich einladend und inklusiv machte."
Lakshmee Lachhman-Persad (Accessible Travel NYC)

Lakshmee und ihre Familie posieren gemeinsam vor einem Gemälde des flämischen Meisters James Ensor im Königlichen Museum der Schönen Künste Antwerpen.

Antwerpens barrierefreie und bedeutungsvolle Schmuckstücke

Ein Tag mit den flämischen Meistern im KMSKA

Das Königliche Museum der Schönen Künste Antwerpen (KMSKA) war eine Fundgrube der Inspiration. Mit Kunst aus sieben Jahrhunderten, darunter die weltweit größte James-Ensor-Sammlung und atemberaubende Werke flämischer Primitiver wie Jan van Eyck, bot das Museum etwas für jeden Geschmack. Unsere Führerin, Katrijn, hat die Ausstellung zum Leben erweckt und uns trotz unseres Jetlags mit Spielen und nachdenklich stimmenden Fragen über unsere Interpretationen der Kunst wieder in Schwung gebracht. Sie enthüllte versteckte Bereiche des neu erweiterten Museums, damit sich die Erfahrung für uns einzigartig anfühlte. Jedes Familienmitglied fand einen persönlichen Zugang, sei es durch Ensors kühne Pinselstriche, Rubens' großartige, dramatische Gemälde oder einfach durch Hingabe an die Schönheit des Augenblicks. 

Die imposante Fassade des Königlichen Museums der Schönen Künste Antwerpen.

Geschichten über Migration im Red Star Line Museum 

Als New Yorker mit Wurzeln, die bis nach Guyana und Surinam zurückreichen, war uns unser Besuch im Red Star Line Museum in Antwerpenein persönliches Anliegen. Dieses Museum erzählt die Geschichte von vielen Millionen Auswanderern, die sich auf der Suche nach einer besseren Zukunft mit Schiffen der Red Star Line auf die Reise nach Amerika machten. Beim Rundgang durch die Ausstellung konnten wir nicht umhin, Parallelen zum Weg unserer eigenen Familien zu ziehen, beginnend mit unserer indianischen Abstammung in Guyana, über die Auswanderung nach Surinam, um schließlich in New York heimisch zu werden.  

Die interaktiven Ausstellungen des Museums erweckten Migrationsgeschichten zum Leben. Sie beleuchteten die Herausforderungen, Hoffnungen und die Widerstandsfähigkeit derer, die einst den Atlantik überquerten. Das war eine eindringliche Erinnerung daran, wie Migration Einzelpersonen, Familien und Gemeinschaften prägt, und knüpfte an das Thema „Migration ist normal“ an. Diese Lektion vertieften wir später in Mechelen durch Seppe Nobels Küche. Sie feiert die Vielfalt, mit der die Migration Flandern bereichert hat (mehr hierzu weiter unten). 

Annie betrachtet eine Wand mit den Geschichten von Auswanderern, die auf der Suche nach einer besseren Zukunft mit Schiffen der Red Star Line nach Amerika reisten.
Erkenntnisse in Sachen Barrierefreiheit:

In jedem Museum war das Engagement für Barrierefreiheit spürbar, sodass alles gut zugänglich war. Unsere Führerin sorgte dafür, dass Annie auch im KMSKA gleichberechtigt dabei war. 

Geschmack trifft Tradition in Mechelen

Mechelen bot tiefgründige Momente der Reflexion und Freude. Die Fortsetzung unserer Reise in Mechelen war die perfekte Einführung in die Region, da wir die wichtige Rolle der Stadt in der Geschichte Flanderns kennenlernten. Wir begannen mit dem burgundischen Rundgang unter der Leitung von Marc, der mit seinem Humor und seiner Begeisterung die Geschichte der Stadt lebendig werden ließ. Seine lebhaften Anekdoten und Witze machten die Erkundung der Rolle Mechelens als politisches Zentrum der burgundischen Niederlande zu einem spannenden und unvergesslichen Erlebnis. 

 

Jahrhunderte von Geschichten im St.-Romboutsturm

Marc nahm uns mit zum St.-Romboutsturm, dem hoch aufragenden Symbol dieser lebendigen Vergangenheit mit einem atemberaubenden Innenraum voller komplexer, gut erhaltener Details. Das Echo der Glockenspiel-Glocken, die wir später am Abend hörten, trug uns jahrhundertealte Geschichten zu und ließ uns in das reiche Kulturerbe der Stadt eintauchen. 

Das alte Glockenspiel im imposanten Inneren des St.-Romboutsturms in Mechelen hat nicht weniger als 49 solcher Glocken.

Historische Fakten über die Dossin-Kaserne

Bruno, unser engagierter Führer in der Dossin-Kaserne, half uns, dem ernsten Hintergrund des Museums mit Würde gegenüberzutreten, und verschaffte uns einen Einblick in die Widerstandsfähigkeit der Menschen. 

Die Exponate enthüllten das schreckliche Ausmaß der Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs, darunter auch die gezielte Tötung von Menschen mit Behinderungen – eine eindringliche Erinnerung an die Vorurteile, die die Geschichte prägten. Als Familie spürten wir das Gewicht dieser Wahrheiten, die unseren Einsatz für Menschen mit Behinderungen als wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft Nachdruck verliehen. 

 

Die Familie besuchte die Dossin-Kaserne in Mechelen, eine Gedenkstätte, ein Museum und ein Forschungszentrum zum Thema Holocaust und Menschenrechte. Hier erhalten sie Erläuterungen von Bruno, einem engagierten Führer.

Die Aromen der Küche von Seppe Nobels in 't Gasthuis

Zum Abschluss des Tages ließen wir uns von Seppe Nobels in 't Gasthuis bekochen und probierten Gerichte, inspiriert von Geschichten der Einwanderer und den lebendigen Aromen, die sie nach Flandern mitbringen. 

Die von Herzen kommenden Erzählungen hinter den Speisen machten jeden Bissen zu einem Erlebnis, und ein improvisierter Bollywood-Tanz am Ende des Abends verband uns mit unserer indisch-karibischen Identität und unserer Heimat. 

 

Lakshmee und ihre Familie am Tisch in Seppe Nobels' Restaurant 't Gasthuis in Mechelen.
Erkenntnisse in Sachen Barrierefreiheit:

Den ganzen Tag über stellten wir fest, dass jeder besuchte Ort für Annie uneingeschränkt zugänglich war. Bei Bedarf war immer eine Sitzgelegenheit verfügbar, und in den Restaurants, die wir besuchten, wurde auf unsere Lebensmittelallergien Rücksicht genommen.

Wieder einmal ging unser Gästeführer weit über das Übliche hinaus, um sicherzustellen, dass Annie sich während des Stadtrundgangs in Mechelen gleichermaßen einbezogen und beteiligt fühlte. In 't Gasthuis hat das Personal Annie hervorragend unterstützt und ihr durch einen barrierefreien Zugang geholfen, sodass die Erfahrung reibungslos und angenehm war. 

Gent und Brügge entdecken

Der Genter Altar: eine Inspiration

In Gent tauchten wir ein in eine VR-geführte Besichtigung des Genter Altars, auch bekannt als die Anbetung des Lamm Gottes. Geschaffen von Hubert und Jan van Eyck wird das Altarbild für seinen detailgetreuen Realismus, den meisterhaften Einsatz von Licht und die lebendigen Farben gefeiert. Sie machen es zu einem ikonischen Meisterwerk der frühen nordeuropäischen Renaissancekunst. 

Das 3D-Erlebnis erweckte seine Geschichte zum Leben und hob seine religiöse Bedeutung, künstlerische Innovation und dramatische Geschichte hervor.     Der Altar ist erstaunliche dreizehn Mal gestohlen worden, wie Mieke, unsere wunderbare Gästeführerin später erzählte.

 

Annie posiert mit ihrer Verwandten vor den Tafeln der „Anbetung des Lamm Gottes“ im Besucherzentrum der St.-Bavo-Kathedrale in Gent.

Historium: das goldene Zeitalter von Brügge erleben

Im Brügger Historium Trug die fesselnde Aufbereitung der Themen dazu bei, uns in das Goldene Zeitalter der Stadt zu vertiefen. Anhand von spannenden Virtual-Reality-Darstellungen und multisensorischen Exponaten erhielten wir einen Einblick in das mittelalterliche Leben. Bei einem Spaziergang durch die Stadt mit unserer Stadtführerin Sabrina entdeckten wir die unbekannten Erzählungen über Brügge und hörten fesselnde Liebesgeschichten, zum Beispiel die vom „Bären von Brügge“ und wie er zum Wappen wurde, das die architektonischen Wunder der Stadt ziert. Wir konnten nicht widerstehen, ein Familienfoto vor dem klassischen Hintergrund von Brügge zu machen! 

Lakshmee und ihre Familie erleben die Ausstellung „Brügges Goldenes Zeitalter“ im Historium Brugge unter anderem mithilfe von Virtueller Realität (VR).

Tradition und Innovation in der Brauerei Bourgogne des Flandres

Im vielgepriesenen Brügge besuchten wir Bourgogne des Flandres, eine charmante Brauerei, die Tradition und Innovation perfekt miteinander verbindet. David, unser Gästeführer, stellte uns die einzigartigen Brautechniken und die Kunst des Mischens junger und alter Biere vor, um unverwechselbare Geschmacksrichtungen zu erzielen. In der gemütlichen Gaststube verkosteten wir zum Mittagessen die typische Bierspezialität des Hauses, gepaart mit köstlichen Tapas. Das war ein Highlight für alle, auch für Familienmitglieder, die normalerweise keinen Alkohol mögen.

Eingang und Innenhof der Brauerei Bourgogne des Flandres in Brügge

Erkenntnisse in Sachen Barrierefreiheit: 
Jeder der besuchten Orte war für Annie zugänglich, auch die VR-Tour in Gent. Unterwegs gab es Sitzgelegenheiten für diejenigen von uns, die sich ausruhen mussten. Diese Erfahrung hat unsere Wertschätzung für das reiche kulturelle Erbe Flanderns und die bemerkenswerten Leistungen seiner Künstler vertieft. Annie, eine behinderte Künstlerin, war begeistert, 
Techniken dieser alten Meister kennenzulernen, ie zweifelsohne ihre zukünftige Arbeit beeinflussen werden. In Brügge fand ich die Treppenrampe interessant, die im Bourgogne des Flandres für Barrierefreiheit sorgt. Solch eine Rampe hatte ich noch nie zuvor gesehen. Alle, die uns begegneten, begrüßten uns sehr herzlich. 

Winterausflug: frische Luft tanken im Naturpark Zwin

Im Naturpark Zwin, dem „internationalen Vogelflughafen“ in Knokke-Heist in der Nähe der flämischen Küste, entdeckten wir ein friedliches Schutzgebiet inmitten einer atemberaubenden Naturlandschaft. Ein kleiner Schauer überlief uns, als wir die Niederlande auf der anderen Seite des Weges erblickten – eine Erinnerung an unsere Einwanderungsgeschichte. Wir erkundeten üppig bewachsene Pfade, hörten faszinierende Geschichten über Zugvögel und beobachteten Vögel in ihrem natürlichen Lebensraum. All das machte diesen Tag zu etwas ganz Besonderem.  

Lakshmee und ihre Familie in der natürlichen Umgebung des Naturpark ZWIN in Knokke-Heist.

Erkenntnisse in Sachen Barrierefreiheit: 
Die durchdachte Barrierefreiheit des Parks sorgte dafür, dass jedes Mitglied unserer Familie dessen Schönheit uneingeschränkt genießen konnte.

 

„Von Momenten der Besinnung bis hin zu schallendem Gelächter und dem gemeinsamen Schaffen neuer Erinnerungen – Flandern hat unserer Mehrgenerationenfamilie Verbundenheit und Inklusion geschenkt, an die wir uns ein Leben lang dankbar erinnern werden. Es ging nicht nur darum, unsere Verbindung zu vertiefen, sondern auch darum, ein Band mit einer größeren Gemeinschaft von Gleichgesinnten zu knüpfen, die unsere Begeisterung für Barrierefreiheit und Inklusion teilen. Zu wissen, dass unsere Bemühungen, den Tourismus zugänglicher zu machen, bei anderen Anklang finden, machte die Erfahrung noch bedeutungsvoller. Der Stolz Flanderns auf seine Brauereien, seine kulinarischen Köstlichkeiten, seine Kunst und sein Kulturerbe ist wohlverdient und wir teilen ihn von ganzem Herzen. Von der Erhaltung der von der UNESCO anerkannten Schätze bis hin zur Würdigung seiner kulturellen und historischen Reichtümer bewahrt Flandern nicht nur seine Vergangenheit, sondern schafft auch eine inklusive, zugängliche Zukunft, in der sich jeder willkommen fühlt. 

Diese Reise war nicht nur unser erster Familienurlaub, sie war auch ein Fest des Stolzes, der Freude und der Zugehörigkeit. Die Barrierefreiheit und die herzliche Begrüßung durch jede einzelne Person, die wir unterwegs trafen, machten jeden Moment zu etwas Besonderem. Wir freuen uns darauf, mehr von dem zu erleben, was Flandern zu bieten hat.“ 
-  Lakshmee Lachhman-Persad (Accessible Travel NYC) - 

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