Überraschende UNESCO: ein Ausschnitt aus dem flämischen Welterbe

Praalstoet van de Gouden Boom © Toerisme Brugge - © Jan D'Hondt
Flandern ist voller Welterbestätten. Das ist keine leere Behauptung, sondern auch das Welterbekomitee der UNESCO teilt diese Meinung. Dieses erkannte mittlerweile Dutzende von (im)materiellen Welterbestätten in Flandern an. Du möchtest einen Ausschnitt aus dem Angebot sehen? Mit Vergnügen!
Bonifacius bridge Bruges © Toerisme Brugge - © Jan D'Hondt

Das historische Zentrum von Brügge

Selbstverständlich beginnen wir diese Liste in Brügge. Ihr mittelalterliches Zentrum mit dem Belfried, der Markt mit seinen schönen Giebeln, die verwinkelten Gassen und Kanäle, die Kathedrale ... Die ganze Stadt ist Kulturerbe. Also beschloss die UNESCO, das historische Zentrum in seiner Gesamtheit als Weltkulturerbe anzuerkennen.

Das Herz der Stadt ist ein wunderbares Beispiel für eine mittelalterliche Stadt, die ihre historische Form bewahrt hat. Die originalen gotischen Bauten sind noch immer Teil der Brügger Identität, der Straßenplan dieser Zeit ist noch fast intakt. Außerdem stand hier die Wiege der flämischen Primitiven. Diese Kunstströmung mit Jan van Eyck und Hans Memling als wichtige Vertreter erblickte in Brügge das Licht der Welt.

Wer Hunger nach einer Portion Kulturerbe hat, kehrt gesättigt aus Brügge zurück. Aber wohin genau müßt du gehen? Unsere Reiseroute „48 Stunden Brügge: eine mittelalterliche Romantik“ gibt zahlreiche Anreize. Doch selbst diese Anreize stellen nur einen Ausschnitt aus dem schillernden Angebot dar.

Friends drinking beer on a terrace - cheers

Die belgische Bierkultur

Unser Erbe ist eine Freude für alle Sinne. Es begeistert sogar unsere Geschmacksnerven: Die belgische Bierkultur ist als Weltkulturerbe anerkannt. Hier ist Bier so viel mehr als nur ein Getränk. Es ist ein Stück Kultur, eine Quelle des Stolzes, untrennbar mit unserer Identität verbunden.

Das schmeckt man in den mehr als 1.500 Bieren, die der Reichtum unseres Landes sind. Sie haben jeweils ihre eigenen Farben, Aromen und traditionellen Produktionsmethoden. Es gibt die Trappisten- und Abteibiere, die Weißbiere und Saisons, Brut und Spéciale Belge, Fruchtbiere, Kriek- und Geuze-Biere. Und das ist nur die schaumige Spitze des Eisbergs. Die modernen Brauer verbinden diese jahrhundertealte Tradition leidenschaftlich mit neuen Zutaten, Rezepten, Stilen und Methoden.

Diesen Reichtum entdeckst du unter anderem in unseren sogenannten braunen Cafés. Das sind die gemütlichen und authentischen Kneipen, die die belgische Bierkultur verkörpern. Dort genießet man ein köstliches Glas Bier und ebenso gute Gesellschaft. Möchtest du dein Wissen über unsere Biere etwas auffrischen? Belgian Beer World, das weltweit größte interaktive Biererlebniszentrum in der alten Brüsseler Börse, erzählt viele Geschichten. 

Menin Gate by night - Ypres 2 © Bart Vandenbroucke

Die Gedenkstätten in Flanders Fields

Die Westhoek – weltweit bekannt als Flanders Fields – war eines der bedeutendsten Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs. Hunderttausende Menschen ließen dort ihr Leben, eine ganze Gegend wurde dem Erdboden gleichgemacht.

Die Überreste dieser Vergangenheit sind in den flämischen Feldern noch immer sehr greifbar. Überall in der Region findet man Dutzende Soldatenfriedhöfe, Mahnmäler und andere Denkmäler. Sie dienen als Orte der Erinnerung und stehen für eine universelle Friedensbotschaft. Eine Auswahl von 27 dieser Gedenkstätten ist seit 2023 auch offiziell als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt.

Eines der bekanntesten Memorials aus dieser Liste ist das Menentor in Ypern. In diesem Stadttor sind die Namen von 54.896 vermissten britischen Soldaten eingraviert. Jeden Abend um 20 Uhr spielt eine Gruppe Trompetenbläser „The Last Post“. Ein ergreifendes Ritual, das immer wieder mit einer ruhigen Stille aufgenommen wird. 

Zoniënwoud_frederik Vaes © Frederik Vaes

Der Zonienwald

Flandern ist eine Region voll von bahnbrechender Fachkompetenz und Innovation. Im Laufe der Jahrhunderte war das oft die Grundlage unserer Kulturgüter. Aber manchmal braucht es keine menschliche Einmischung. So auch im Zonienwald. Fünf Waldschutzgebiete in diesem Urwald sind von der UNESCO als Weltnaturerbe anerkannt worden.

Diese Schutzgebiete gehören seit 2017 zu den „alten Buchenwäldern und Buchenurwäldern der Karpaten und anderer Regionen Europas“. In diesen Wäldern findest du hunderte Buchen, die mehr als zwei Jahrhunderte alt sind. Ihre Stämme haben Durchmesser von bis zu 160 Zentimetern, einige Spitzen ragen bis zu 50 Meter in die Luft. Das macht sie zu den größten Buchenbäumen der Welt.

In dieser und um diese einzigartige, unberührte Natur herum wird mit Rücksicht auf die Natur auch gelebt. Der Zonienwald ist eine wunderschöne Umgebung zum Wandern oder man kann diese natürliche Pracht auf zwei Rädern entdecken. Für Radfahrer und Mountainbiker sind die Möglichkeiten vielfältig, sowohl für den kurzen als auch für den langen Atem.

Landlopersbegraafplaats in Wortel-Kolonie © Wim Verschraegen

Wortel-Kolonie

Die Wortel-Kolonie ist der Außenseiter in dieser Liste, so wie man das auch von seinen ehemaligen Bewohnern sagen kann. Diese Siedlung begann als eine freie Landbaukolonie. Arme Familien lebten in einzelnen Bauernhöfen zusammen. Nachdem der belgische Staat das Land 1870 kaufte, erhielt dieser Ort an der niederländischen Grenze eine andere Aufgabe.

Zu diesem Zeitpunkt gab es in Belgien noch ein Gesetz gegen die Landstreicherei: Landstreicher oder Bettler konnten festgenommen werden. Ein Teil von ihnen wurde dann in Kolonien der Barmherzigkeit, wie Wortel, untergebracht. Unter Aufsicht arbeiteten sie auf dem Land und in Arbeitshäusern. Das war damals ein bahnbrechendes soziales Experiment. Ziel war es, die Landstreicher in „fleißige Bürger“ zu verwandeln. Gleichzeitig würde das brachliegende Gelände in produktive landwirtschaftliche Flächen umgewandelt.

Seit 2021 steht die Wortel-Kolonie als Kulturlandschaft auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste. Das kannst du heute auch selbst entdecken, zu Fuß oder auf dem Fahrrad. Diese Entdeckungsreise lässt sich mit einem Besuch in Turnhout und seinem Beginenhof aus dem 14. Jahrhundert kombinieren, eine weitere UNESCO-Perle.

Das sind fünf Schmuckstücke der flämischen Welterbestätten. Und das ist erst der Anfang. Flanderns Schatzkiste an Kulturerbestätten scheint bodenlos zu sein. Denke nur an unsere Belfriede und Beginenhöfe, den Druckereikomplex Plantin-Moretus oder den Grote Markt von Brüssel. Flandern ist einfach ein wunderbarer Ort zum Erkunden.

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